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Beats Biblionetz - Personen

Definitionen von Michael Seemann

Auf dieser Seite sind alle im Biblionetz vorhandenen Definitionen von Michael Seemann aufgelistet.

Chinesisches Zimmer
  • Eine grundsätzlichere Kritik am Turing-Test stammt von dem Philoso-phen John Searle, der in seinem Gedankenexperiment des chinesischen Zimmers zu zeigen versucht, dass auch ein bestandener Turing-Test kein hinreichender Beweis für künstliche Intelligenz ist (Searle 1980). In dem Experiment sitzt eine Person ohne Kenntnisse der chinesi-schen Sprache in einem abgeschlossenen Raum, in denen auf Chine-sisch beschriftete Karten herumliegen. Von außen werden chinesisch-sprachige Schriftstücke hereingereicht. Die Person im Raum versteht nichts von den Schriftstücken, kann aber in einem Handbuch nachschla-gen, welche Karte sie als Antwort auf welche Eingaben zurückgeben soll. Angewandt auf Künstliche Intelligenz zeigt das Gedankenexperiment, dass die Reaktion mit einem passenden Output für einen Input nicht not-wendigerweise ein echtes Verständnis von beidem voraussetzt.
cloud computing
  • Cloud Computing bezeichnet den Trend, Computerisierung und Datenhaltung mehr und mehr auf zentrale Hochleistungs-Server im Internet zu verlagern. Immer wenn wir unsere E-Mails auf der Website von Google Mail lesen und bearbeiten, wenn wir Dateien auf Dropbox speichern, die Daten unseres iPhones in der iCloud sichern oder schlicht und ergreifend Facebook nutzen, sind wir Nutzer von Cloud Computing. Unsere Daten sind dann nicht einfach auf unserem Rechner gespeichert, sondern irgendwo da draußen in der Internetwolke.
    von Michael Seemannim Buch Das Neue Spiel (2014) im Text Die drei Treiber des Kontrollverlusts
Dienste-Plattform
  • Diensteplattformen basieren auf zentralisierter Datenhaltung, meist über Server im Internet. Die Verbindungen sind hier lediglich Einträge in der Datenbank, was die Weiterentwicklung beschleunigt und den Dienst für Nutzende schnell und bequem macht, aber den Betreibern auch eine enorme Kontrolle über die stattfindenden Interaktionen erlaubt. Beispiele sind Facebook, AirBnB, Tinder und Github.
    von Michael Seemann, Felicitas Macgilchrist, Christoph Richter, Heidrun Allert, Jürgen Geuterim Buch Konzeptstudie Werte und Strukturen der Nationalen Bildungsplattform (2022) auf Seite 12
Flachbildschirmrückseitenberatung
  • Die Datenschicht über der Welt stellt viele Institutionen infrage, deren Autorität oder Geschäftsmodell darauf abstellte, dass Wissen knapp ist. Zeitungsverleger fragen sich, wie sie ihre aufwendigen Redaktionen bezahlen sollen, wenn alle News umsonst im Netz abrufbar sind. Professionelle Fotografen haben das Problem, dass sie mit ihren Werken auf einmal mit Milliarden Terabyte an Amateurfotografie im Netz in Konkurrenz stehen. Ärzte haben es auf einmal mit überinformierten Patienten zu tun, die ihre Diagnosen infrage stellen. Autohändler können auch nur die Informationen abrufen, die sowieso frei verfügbar sind. Der Bankberater hat oft nur wenig Chancen, einem enthusiastischen Amateur, der täglich zwanzig Anleger80 Blogs liest, etwas Neues erzählen zu können. Für solche Berufe fand der Technikphilosoph und ehemalige IBM-Manager Gunter Dueck die Bezeichnung »Bildschirmrückseitenberatung«, weil diese »Profis« auch nichts anderes mehr tun, als Informationen, die sie auf dem Bildschirm abrufen, weitererzuzählen.
    von Michael Seemannim Buch Das Neue Spiel (2014) im Text Die Krise der Institutionen
Graph-Regime
  • Das Graphregime wäre also das Wissen und die Kontrolle der befragbaren Repräsentation aller aktuellen Verbindungszusammenhänge einer Plattform.
    von Michael Seemannim Buch Die Macht der Plattformen (2021) im Text Kontrollregimes
  • Genau wie das Verbindungsregime eine Inversion des Zugangsregimes ist, ist das Graphregime eine Inversion des Query-Regimes. Wenn das Query-Regime die algorithmische Vorselektion von Verbindungen ist, dann ist das Graphregime die algorithmische Selektion auf die konkreten Verbindungen.
    von Michael Seemannim Buch Die Macht der Plattformen (2021) im Text Kontrollregimes
  • Das Graphregime ist die übergeordnete Kontrolle über das Netzwerk, also die Einsicht in die tatsächlichen Verbindungen: Wer kommuniziert mit wem, wer interagiert mit welchem Inhalt, wer bucht welchen Service, etc. Man spricht in diesem Zusammenhang auch oft von Metadaten. Die hier getroffenen Pfadentscheidungen betreffen, welche Daten aus dem Netzwerk gesammelt, wie sie aufbereitet und wie sie genutzt werden. Wie misst man Engagement, wie definiert man ein erfolgreiches Posting, wie schätzt man Bildungserfolg ein, etc?
    von Michael Seemann, Felicitas Macgilchrist, Christoph Richter, Heidrun Allert, Jürgen Geuterim Buch Konzeptstudie Werte und Strukturen der Nationalen Bildungsplattform (2022) auf Seite 13
Infrastruktur-Regime
Interface-Regime
  • Während das Infrastrukturregime in der Fachsprache der Programmierer*innen oft als »Backend« bezeichnet wird, entspricht das Interface-Regime dem »Frontend«. Das »vordere Ende« ist der Teil der Software, der Nutzer*innen direkt gegenübersteht und mit dem sie interagieren. Fast alles, was wir hier über die Theorie der Infrastruktur gesagt haben, ist auf das Interface ebenfalls anwendbar, doch verschieben sich die Perspektive und die Herangehensweise an einigen Stellen. Während die meisten Designentscheidungen des Systems typischerweise im Backend getroffen wurden (die Klassifikationssysteme, Datenstrukturen, Protokollspezifikationen etc.), wird im Interface-Regime bestimmt, was davon den Nutzer*innen wie präsentiert wird, wie Interaktion bewerkstelligt wird und wie Interaktionselemente wie Buttons oder Formulare angeordnet und Prozesse gestaltet werden etc.
    von Michael Seemannim Buch Die Macht der Plattformen (2021) im Text Kontrollregimes
  • Das Interfaceregime besteht aus den Entscheidungen, wie Benutzeroberflächen gestaltet sind, und weil diese Oberflächen einen statistisch messbaren Einfluss darauf haben, wie wir die Systeme verwenden, finden wir auch hier wirkmächtige Pfadentscheidungen. Für besonders manipulative Interfaces hat sich hier der Begriff der »Dark Patterns« entwickelt (vgl. Bogenstahl, 2019).
    von Michael Seemann, Felicitas Macgilchrist, Christoph Richter, Heidrun Allert, Jürgen Geuterim Buch Konzeptstudie Werte und Strukturen der Nationalen Bildungsplattform (2022) auf Seite 13
Internet
  • Fassen wir zusammen: Das Internet ist ein Verbund aus universellen Turing-Maschinen, die alles digital Darstellbare verlustfrei und ohne größeren Aufwand, dezentral und mit exponentiell steigender Geschwindigkeit durch die Gegend kopieren.
    von Michael Seemannim Buch Das Neue Spiel (2014) im Text Das Ende der Ordnung
  • Doch was ist das Internet? Oberflächlich besehen sind es die Tausenden Apps, Websites und Dienste, mit denen wir täglich interagie-ren. Tiefer geschaut sind es die Milliarden Server, Router, Rechenzentren, Funkmasten, Satelliten, Kupfer- und Glasfaserkabel – also die materiellen Grundlagen der Speicherung, Verarbeitung und Verbreitung von Daten. Beide Sichtweisen sind nicht falsch. Doch die überraschendste Antwort ist gleichzeitig die am wenigsten falsche: Das Internet ist alles, was dazwischen passiert. Zwischen Anwendungen und Hardware liegen die Protokolle. Das Internet ist also, wie wir oben bereits gesehen haben, vor allem eine Protokollplattform. Genauer: Es sind mehrere Protokollplattformen.
    von Michael Seemannim Buch Die Macht der Plattformen (2021) im Text Koordination und Infrastruktur
Plattformen
  • Plattformen sind erwartete Vorselektionen potentieller Verbindungen, die unerwartete Anschlussselektionen konkreter Verbindungen wahrscheinlicher machen.
    von Michael Seemannim Buch Die Macht der Plattformen (2021) im Text Was ist eine Plattform?
Protokoll-Plattform
Query-Regime
  • Das Query-Regime kann auch verstanden werden als die algorithmische Vorselektion von möglichen Verbindungen und ist deswegen standardmäßig nur bei Diensteplattformen anzutreffen. Andere Plattformarten können zwar ebenfalls Query-Regimes haben, diese kommen dann aber selten aus der Hand des Plattformbesitzers selbst, sondern werden von externen Akteuren zur Verfügung gestellt. Ein prominentes Beispiel wäre Google, das das Query-Regime fürs Web ist.
    von Michael Seemannim Buch Die Macht der Plattformen (2021) im Text Kontrollregimes
  • Das Queryregime bestimmt die algorithmisch verstärkte Sichtbarkeit von Inhalten und Personen auf der Plattform. Wie wirkmächtig die darunter liegenden Pfadentscheidungen sind, kann man den Kontroversen über Facebook der letzten Jahre entnehmen. So hat die Pfadentscheidung, den Newsfeed-Algorithmus auf »Engagement« zu optimieren, Anreize für emotionalisierende Inhalte gesetzt, was maßgeblich mit zum Aufstieg von Rechtspopulist*innen und Desinformationen geführt haben dürfte (vgl. Oremus, 2021).
    von Michael Seemann, Felicitas Macgilchrist, Christoph Richter, Heidrun Allert, Jürgen Geuterim Buch Konzeptstudie Werte und Strukturen der Nationalen Bildungsplattform (2022) auf Seite 13
Schnittstellen-Plattform
  • Schnittstellen sind die definierten Anbindungen eines Systems mit seinen Subsystemen. Stellen wir uns ein Gesamtsystem vor, das wir durch Querschnitte zerschneiden. Die Schnittstellen sind dann die Anschlusspunkte der Teilsysteme, daher der Name. Im Englischen verwendet man das Wort »Interface«, denn diese Anschlusspunkte haben wie ein Gesicht meist eine bestimmte Kontur. Der USB- oder HDMI-Anschluss, die Steckdose oder die Sendefrequenz. Um zum Interface zu passen, muss ein Berührungspunkt zu der Kontur des Gesichts komplementär sein – es muss ein »Zwischengesicht« sein.
    von Michael Seemannim Buch Die Macht der Plattformen (2021) im Text Was ist eine Plattform?
  • Schnittstellenplattformen sind Plattformen, die aus der einseitigen Bereitstellung von Schnittstellen durch den Plattformbetreiber heraus entstehen. Sie richten sich z. B. gezielt an Programmierende, die für die jeweilige Plattform Software entwickeln sollen. Diese Software macht die Plattform dann für Nutzende attraktiver, und je mehr Nutzende auf die Plattform strömen, desto interessanter wird sie umgekehrt für Programmierende, etc. Schnittstellenplattformbetreiber haben nur ein geringes Maß an Kontrolle über die Plattform, denn sobald sie in Betrieb genommen wird, können sie in die Interaktion der Nutzenden nicht mehr eingreifen. Beispiele sind der PC, Betriebssysteme und Programmierframeworks.
    von Michael Seemann, Felicitas Macgilchrist, Christoph Richter, Heidrun Allert, Jürgen Geuterim Buch Konzeptstudie Werte und Strukturen der Nationalen Bildungsplattform (2022) auf Seite 11
Verbindungs-Regime
  • Das Verbindungsregime ist quasi die Gegenseite des Zugangsregimes. Regelt das Zugangsregime den Zugang der Nutzer*innen zur Plattform, so regelt das Verbindungsregime den Zugang der Benutzer*innen untereinander.
    von Michael Seemannim Buch Die Macht der Plattformen (2021) im Text Kontrollregimes
  • Das Verbindungsregime ist wie das Zugangsregime ein Werkzeug der unmittelbaren Kontrolle, denn hier geht es darum, bestimmte Verbindungen zu kappen oder aufzuzwingen. Auch hier wirken Pfadentscheidungen eher indirekt durch etablierte Moderationserwartungen.
    von Michael Seemann, Felicitas Macgilchrist, Christoph Richter, Heidrun Allert, Jürgen Geuterim Buch Konzeptstudie Werte und Strukturen der Nationalen Bildungsplattform (2022) auf Seite 13
Zugangs-Regime
  • Das Zugangsregime ist die Kontrolle des Zugangs zur Plattform und entscheidet darüber, wer unter welchen Bedingungen die Plattform benutzen darf, wer ausgeschlossen wird, usw. Auch wenn dieser Hebel in seiner Wirkung viel direkterer wirkt, werden auch durch Zugangsentscheidungen immer implizite Pfadabhängigkeiten produziert. So beeinflusst eine bestimmte Moderationspraxis maßgeblich mit, welcher Umgangston herrscht, welche Arten von Communitys sich ansiedeln und welche nicht.
    von Michael Seemann, Felicitas Macgilchrist, Christoph Richter, Heidrun Allert, Jürgen Geuterim Buch Konzeptstudie Werte und Strukturen der Nationalen Bildungsplattform (2022) auf Seite 13
  • Im Gegensatz zum Infrastrukturregime liegt die Kontrolle des Zugangsregimes auf der Hand: Es besteht im Grunde in der Fähigkeit zu bestimmen, wer Zugang zur Plattform bekommt und wer nicht.
    von Michael Seemannim Buch Die Macht der Plattformen (2021) im Text Kontrollregimes