Kalte FaszinationMedien, Kultur, Wissenschaft in der Mediengesellschaft.
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Zusammenfassungen
Gesellschaften brauchen griffige Formeln zur Selbstbeschreibung. Dazu gehören seit einiger Zeit "Mediengesellschaft" und "Medienkultur". In die Kontroversen um die Begründung und Verwendung solcher Formeln mischt sich Siegfried J. Schmidts konstruktivistischer Entwurf einer Medienkulturwissenschaft ein und führt vor, welche Beobachtungs- und Beschreibungsmöglichkeiten man mit einem konstruktivistischen Ansatz gewinnt.
Um die Verbindungslinien zwischen seiner erkenntnis- und medientheoretischen Position deutlich zu machen, liefert der Autor im ersten Teil noch einmal eine konzise Antwort auf die Frage: Was ist Konstruktivismus? In der Wahrnehmung, so wußte schon Demokrit, läßt sich der Beobachter nicht "wegkürzen"; man kann nur von der Wirklichkeit des Beobachters - von den Wirklichkeiten der Beobachter - sprechen.
Für jedes Individuum gibt es nur eine, nämlich seine Erfahrungswelt. Trotzdem können die kognitiv autonomen, geschlossenen Systeme erfolgreich miteinander interagieren und kommunizieren. Das liegt daran, daß der gehirninterne Aufbau von Kenntnissen über die Umwelt im Verlauf langer Lernprozesse geprüft wird und dabei teils angeborenen, teils ontogenetisch früh erworbenen Mechanismen folgt. Die von unserem Gehirn entwickelte Wirklichkeit ist also aufgrund der geltenden Konstruktionsbedingungen eine soziale Wirklichkeit, obwohl das Gehirn keine "Fenster nach draußen" hat.
So ist die visuelle Wahrnehmung durch lange stammesgeschichtliche Entwicklung bei allen Menschen weitgehend vergleichbar. Aber das spricht nicht dagegen, daß es sich beim Sehen um eine Konstruktion und nicht um Realitätsabbildung handelt. Nicht anders verhält es sich beim Lesen: Wir entnehmen einem Text nicht etwa feste Bedeutungen. Wir konstruieren Bedeutungen im Kopf; die Umwelt enthält keinen Sinn, den wir lediglich abbilden oder aufnehmen könnten. Jede Kommunikation bezieht sich nur auf Kommunikation; unser Blick fällt stets nur auf Medienwirklichkeiten.
Im zweiten Teil unternimmt es Siegfried J. Schmidt, auf der Grundlage einer konstruktivistischen Medientheorie verschiedene bisher entwickelte medientheoretische Ansätze zu systematisieren sowie Mediennutzungen im kognitiven und sozialen Bereich zu untersuchen. Hier geht es einerseits um die Vermittlung von Wissen, um die Codierung von Affekten und die Konstitution von Identität durch Medien, andererseits um das Verhältnis von Medien und Wirtschaft, Kunst und Pädagogik; um die These, das Fernsehen habe die Funktion der Religion übernommen; um Werbung als Indikator für die veränderte Konstruktion von Geschlechterrollen und schließlich um die Paradoxien, in die sich Werbung im Wettbewerb um das knappe Gut Aufmerksamkeit zwangsläufig begibt.
Im dritten Teil wendet sich Siegfried J. Schmidt den beiden "fiktionalen" Mediensystemen Bildende Kunst und Literatur zu. Kunstwerke sind Wahrnehmungsangebote. Bestimmte Wahrnehmungsanlässe sind nicht als solche schon Kunstwerke. Kunst läßt sich nicht essentialistisch aus sich selbst heraus bestimmen, sondern nur über jemanden, der sie im Rahmen von Sinnbildungsprozessen dafür hält. Ebenso spricht Literaturwissenschaft nicht über Literatur, sondern über die soziokulturell konditionierte Nutzung des literarischen Printmediensystems bei der Wirklichkeitskonstruktion. Literaturwissenschaft sollte sich zu einer speziellen Medienkulturwissenschaft wandeln - zur Sachwalterin des Mediums Literatur im Gesamtmediensystem der Gesellschaft.
Von Klappentext im Buch Kalte Faszination (2000) Um die Verbindungslinien zwischen seiner erkenntnis- und medientheoretischen Position deutlich zu machen, liefert der Autor im ersten Teil noch einmal eine konzise Antwort auf die Frage: Was ist Konstruktivismus? In der Wahrnehmung, so wußte schon Demokrit, läßt sich der Beobachter nicht "wegkürzen"; man kann nur von der Wirklichkeit des Beobachters - von den Wirklichkeiten der Beobachter - sprechen.
Für jedes Individuum gibt es nur eine, nämlich seine Erfahrungswelt. Trotzdem können die kognitiv autonomen, geschlossenen Systeme erfolgreich miteinander interagieren und kommunizieren. Das liegt daran, daß der gehirninterne Aufbau von Kenntnissen über die Umwelt im Verlauf langer Lernprozesse geprüft wird und dabei teils angeborenen, teils ontogenetisch früh erworbenen Mechanismen folgt. Die von unserem Gehirn entwickelte Wirklichkeit ist also aufgrund der geltenden Konstruktionsbedingungen eine soziale Wirklichkeit, obwohl das Gehirn keine "Fenster nach draußen" hat.
So ist die visuelle Wahrnehmung durch lange stammesgeschichtliche Entwicklung bei allen Menschen weitgehend vergleichbar. Aber das spricht nicht dagegen, daß es sich beim Sehen um eine Konstruktion und nicht um Realitätsabbildung handelt. Nicht anders verhält es sich beim Lesen: Wir entnehmen einem Text nicht etwa feste Bedeutungen. Wir konstruieren Bedeutungen im Kopf; die Umwelt enthält keinen Sinn, den wir lediglich abbilden oder aufnehmen könnten. Jede Kommunikation bezieht sich nur auf Kommunikation; unser Blick fällt stets nur auf Medienwirklichkeiten.
Im zweiten Teil unternimmt es Siegfried J. Schmidt, auf der Grundlage einer konstruktivistischen Medientheorie verschiedene bisher entwickelte medientheoretische Ansätze zu systematisieren sowie Mediennutzungen im kognitiven und sozialen Bereich zu untersuchen. Hier geht es einerseits um die Vermittlung von Wissen, um die Codierung von Affekten und die Konstitution von Identität durch Medien, andererseits um das Verhältnis von Medien und Wirtschaft, Kunst und Pädagogik; um die These, das Fernsehen habe die Funktion der Religion übernommen; um Werbung als Indikator für die veränderte Konstruktion von Geschlechterrollen und schließlich um die Paradoxien, in die sich Werbung im Wettbewerb um das knappe Gut Aufmerksamkeit zwangsläufig begibt.
Im dritten Teil wendet sich Siegfried J. Schmidt den beiden "fiktionalen" Mediensystemen Bildende Kunst und Literatur zu. Kunstwerke sind Wahrnehmungsangebote. Bestimmte Wahrnehmungsanlässe sind nicht als solche schon Kunstwerke. Kunst läßt sich nicht essentialistisch aus sich selbst heraus bestimmen, sondern nur über jemanden, der sie im Rahmen von Sinnbildungsprozessen dafür hält. Ebenso spricht Literaturwissenschaft nicht über Literatur, sondern über die soziokulturell konditionierte Nutzung des literarischen Printmediensystems bei der Wirklichkeitskonstruktion. Literaturwissenschaft sollte sich zu einer speziellen Medienkulturwissenschaft wandeln - zur Sachwalterin des Mediums Literatur im Gesamtmediensystem der Gesellschaft.
Dieses Buch erwähnt ...
Begriffe KB IB clear | Beobachterobserver , Konstruktivismusconstructivism , Kulturculture , Medienmedia , Wirklichkeit , Wissenschaftscience |
Zitationsgraph
2 Erwähnungen
- Medienkultur - Die Kultur mediatisierter Welten (Andreas Hepp) (2011)
- Medienpädagogisches Making - ein Begründungsversuch (Thomas Knaus, Jennifer Schmidt) (2020)
Bibliographisches
Beat und dieses Buch
Beat hat dieses Buch während seiner Assistenzzeit an der ETH Zürich ins Biblionetz aufgenommen. Die bisher letzte Bearbeitung erfolgte während seiner Zeit am Institut für Medien und Schule. Beat besitzt weder ein physisches noch ein digitales Exemplar. Aufgrund der wenigen Einträge im Biblionetz scheint er es nicht wirklich gelesen zu haben. Es gibt bisher auch nur wenige Objekte im Biblionetz, die dieses Werk zitieren.