Brutale Spiele(r)?Wirkung und Nutzung von Gewalt in Computerspielen
Manuel Ladas
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Zusammenfassungen
Für die im Rahmen einer
Dissertation (am Institut für Kommunikationswissenschaft der Uni Münster)
durchgeführte und jetzt veröffentlichte Untersuchung wurden 2141
Computerspieler internetgestützt befragt. Die Studie beschäftigte sich
insbesondere mit der Nutzerperspektive: Wer spielt eigentlich wann und warum
welche gewalthaltigen Computerspiele? Welchem Zweck dient die Gewalt in
Computerspielen? Wie wird sie wahrgenommen und wie wirkt sie auf individuell
verschieden veranlagte Nutzer?
Die wichtigsten Ergebnisse: Gewalt in Computerspielen ist zwar ein wesentliches und vielgenutztes Element, hat jedoch einen von filmischer oder realer Gewalt vollkommen verschiedenen Sinn für die Nutzer. Virtuelle (Computerspiel-)Gewalt wird offenbar wettbewerbsähnlich, empathiefrei und rein funktionalistisch wahrgenommen und genutzt, nicht als Mittel der Schädigung im Sinne eines Täter-Opfer-Verhältnisses.
Im Gegensatz zur Realität oder dem Spielfilm lassen Computerspiele und ihre psychologisch meist einfachen Spielgeschichten wohl keinen Platz für Opferrollen - die virtuellen Gewaltziele sind für die Spielnutzer nicht mehr als charakterlose 'Schießbudenfiguren'. Da vom Spieler mangels psychologisch tiefer Opferdarstellungen von Anfang an keine ängstigende und/oder mitleidauslösende Gewalt wahrgenommen wird, können letztlich auch Phänomene wie 'Abstumpfung' oder verringertes Einfühlungsvermögen kaum eintreten. Die Annahme einer allgemein verrohenden Wirkung von gewalthaltigen Computerspielen konnte im Rahmen der Studie also widerlegt werden.
Es zeigte sich jedoch, dass Gewaltspiele durchaus waffen- und militärbezogene Interessen der Nutzer unterstützen können. Leichte Auffälligkeiten in Bezug auf gewaltbefürwortende Einstellungen der Spieler ergaben sich zudem im Zusammenhang mit Spielgenres, die Kriegshandlungen realistisch und distanziert in Szene setzen, z.B. (Kriegs-)Strategiespielen und militärischen Simulationen. Genres mit explizit dargestellten persönlichen Gewalthandlungen, z.B. die viel kritisierten 3D-Shooter, waren diesbezüglich allerdings unauffällig. Solche Spiele weisen in ihrer grotesk überzogenen Präsentation wohl nicht genug strukturelle Ähnlichkeiten zur Wahrnehmung anderer - realer oder medialer - Gewalt-Arten auf, so dass sie für gewaltbefürwortende Nutzer eher unattraktiv sind.
Eine ungefilterte Übernahme von Spielhandlungen in die Realität ist nach den Ergebnissen der Studie praktisch ausgeschlossen: Denn trotz ihrer aufwändigen grafischen 'Verpackung' basieren alle Computerspiele prinzipbedingt auf sehr simplen, mechanischen Wirkungszusammenhängen, die in der komplexen, emotionsbeladenen Realität unserer Welt überhaupt nicht anwendbar sind. Das 'Töten für den Highscore' macht im echten Leben schlicht keinen Sinn.
Von Manuel Ladas im Buch Brutale Spiele(r)? (2003) Die wichtigsten Ergebnisse: Gewalt in Computerspielen ist zwar ein wesentliches und vielgenutztes Element, hat jedoch einen von filmischer oder realer Gewalt vollkommen verschiedenen Sinn für die Nutzer. Virtuelle (Computerspiel-)Gewalt wird offenbar wettbewerbsähnlich, empathiefrei und rein funktionalistisch wahrgenommen und genutzt, nicht als Mittel der Schädigung im Sinne eines Täter-Opfer-Verhältnisses.
Im Gegensatz zur Realität oder dem Spielfilm lassen Computerspiele und ihre psychologisch meist einfachen Spielgeschichten wohl keinen Platz für Opferrollen - die virtuellen Gewaltziele sind für die Spielnutzer nicht mehr als charakterlose 'Schießbudenfiguren'. Da vom Spieler mangels psychologisch tiefer Opferdarstellungen von Anfang an keine ängstigende und/oder mitleidauslösende Gewalt wahrgenommen wird, können letztlich auch Phänomene wie 'Abstumpfung' oder verringertes Einfühlungsvermögen kaum eintreten. Die Annahme einer allgemein verrohenden Wirkung von gewalthaltigen Computerspielen konnte im Rahmen der Studie also widerlegt werden.
Es zeigte sich jedoch, dass Gewaltspiele durchaus waffen- und militärbezogene Interessen der Nutzer unterstützen können. Leichte Auffälligkeiten in Bezug auf gewaltbefürwortende Einstellungen der Spieler ergaben sich zudem im Zusammenhang mit Spielgenres, die Kriegshandlungen realistisch und distanziert in Szene setzen, z.B. (Kriegs-)Strategiespielen und militärischen Simulationen. Genres mit explizit dargestellten persönlichen Gewalthandlungen, z.B. die viel kritisierten 3D-Shooter, waren diesbezüglich allerdings unauffällig. Solche Spiele weisen in ihrer grotesk überzogenen Präsentation wohl nicht genug strukturelle Ähnlichkeiten zur Wahrnehmung anderer - realer oder medialer - Gewalt-Arten auf, so dass sie für gewaltbefürwortende Nutzer eher unattraktiv sind.
Eine ungefilterte Übernahme von Spielhandlungen in die Realität ist nach den Ergebnissen der Studie praktisch ausgeschlossen: Denn trotz ihrer aufwändigen grafischen 'Verpackung' basieren alle Computerspiele prinzipbedingt auf sehr simplen, mechanischen Wirkungszusammenhängen, die in der komplexen, emotionsbeladenen Realität unserer Welt überhaupt nicht anwendbar sind. Das 'Töten für den Highscore' macht im echten Leben schlicht keinen Sinn.
Dieses Buch erwähnt ...
Fragen KB IB clear | Fördern Computerspiele Gewalt? |
Begriffe KB IB clear | Computerspielecomputer game , Gewaltviolence |
Zitationsgraph
4 Erwähnungen
- Jugendmedienschutz und Medienerziehung im digitalen Zeitalter - Eine explorative Studie zur Rolle der Eltern (Thorsten Junge)
- Killerspiele im Kinderzimmer - Was wir über Computer und Gewalt wissen müssen (Thomas Feibel) (2004)
- Zeitschrift für Pädagogik 2/07 (2007)
- Unbeherrschte oder Zügellose? - Eine aristotelische Klassifikation und ihre Koppelung mit Fritz’ These der Gewaltrahmungskompetenz bei extensiven Nutzern gewaltorientierter Computerspiele (Wassilis Kassis)
- Internetnutzung von 12- bis 16-jährigen Jugendlichen - Grundzüge, Nutzertypen und Sozialisationsrelevanz (Martin Hermida) (2008)
Co-zitierte Bücher
Sozialpsychologie des Internet
Die Bedeutung des Internet für Kommunikationsprozesse, Identitäten, soziale Beziehungen und Gruppen
(Nicola Döring) (1999)Medienkompetenzen Messen?
(Harald Gapski) (2006)Externe Links
Manuel Ladas: Brutale Spiele(r)?: Wirkung und Nutzung von Gewalt in Computerspielen. Eine Befragung von 2141 Computerspielern. ( : Link unterbrochen? Letzte Überprüfung: 2020-11-28 Letzte erfolgreiche Überprüfung: 2013-11-13) |
Bibliographisches
Beat und dieses Buch
Beat hat dieses Buch während seiner Assistenzzeit an der ETH Zürich ins Biblionetz aufgenommen. Die bisher letzte Bearbeitung erfolgte während seiner Zeit am Institut für Medien und Schule. Beat besitzt weder ein physisches noch ein digitales Exemplar. Aufgrund der wenigen Einträge im Biblionetz scheint er es nicht wirklich gelesen zu haben. Es gibt bisher auch nur wenige Objekte im Biblionetz, die dieses Werk zitieren.